Die Schaffung einzelstaatlicher Behörden und der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat das Gewährleisten solider wissenschaftlichen Grundlagen für die Rechtsetzung im Bereich der Lebensmittel bewirkt und die Lebensmittelsicherheit in Europa gestärkt. Die Behörden haben das Risikobewertungsverfahren in Europa transparenter gemacht, und sie geben Empfehlungen ab, die frei von politischen, wirtschaftlichen und anderen Einflussnahmen sind. Seit dem Jahr 2002 hat die Europäische Union ein Netzwerk aufgebaut, um den einzelstaatlichen Behörden, den mehr als 2 500 wissenschaftlichen Sachverständigen und den fast 400 einzelstaatlichen wissenschaftlichen Organisationen die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern der EFSA zu ermöglichen. Das Netzwerk wird zum Schutz der Gesundheit der europäischen Verbraucher und der Umwelt kontinuierlich weiterentwickelt.
Wie die anderen Risikobewertungsbehörden in den Mitgliedstaaten (etwa das Bundesinstitut für Risikobewertung) kann die EFSA ihrer Aufgabe ohne die Mitwirkung führender Wissenschaftler im Dienste von Forschungsgremien und Universitäten nicht gerecht werden. Dank ihrer Erfahrung erhalten wir Zugang zu den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und den besten multidisziplinären Expertisen auf einem Niveau, das wir unmöglich im Alleingang erzielen können.
Die Wissenschaftler in den Sachverständigenausschüssen werden für ihre Arbeit nicht bezahlt (sie erhalten lediglich eine Erstattung ihrer Ausgaben) und bringen ihr Expertenwissen außerhalb ihrer normalen Beschäftigung ein. Um der EFSA und anderen Behörden beizustehen, opfern sie nicht selten Wochenenden und den Urlaub. Eine im Jahr 2009 unter 1 000 Sachverständigen der EFSA durchgeführte Studie ergab, dass sich mehr als 60 % von ihnen an der Arbeit der EFSA beteiligen, um dabei zu helfen, die Gesundheit der Europäer zu schützen.
Laut einer kürzlich von Eurobarometer im Auftrag der EFSA unter EU-Bürgern durchgeführten Studie über die Wahrnehmung von lebensmittelbezogenen Risiken bekundete die überwiegende Mehrheit der Befragten ihr Vertrauen in wissenschaftliche Sachverständige (74 %) sowie einzelstaatliche Behörden und die EFSA (64 %) als Informationsquellen über lebensmittelbezogene Risiken (http://www.efsa.europa.eu/en/factsheet/docs/reporten.pdf). Zugleich zeigte jedoch eine 2010 durchgeführte „Eurobarometer-Erhebung über Wissenschaft und Technologie“, dass 41 % der Befragten der Unabhängigkeit der Wissenschaftler wenig Vertrauen schenken und dies mit deren Tätigkeit in der Industrie begründen.
Kann die wissenschaftliche Integrität von Sachverständigen aufgrund ihrer aktuellen oder früheren Tätigkeit in der Industrie infrage gestellt werden?
Es ist weitgehend unbekannt, dass die einzelstaatliche und europäische Forschungspolitik Wissenschaftler im öffentlichen Sektor dazu anregt und in manchen Fällen sogar dazu verpflichtet, mit dem privaten Sektor zusammenzuarbeiten, um ihre Forschung zu finanzieren und den Transfer von Wissen und dessen vielfältige Anwendungen zu fördern. Diese Zusammenarbeit ist weder neu noch auf Europa begrenzt. Und auch die zunehmenden Zwänge der öffentlichen Finanzmittel sowie die Bedeutung der Förderung von Innovation und Wettbewerbsfähigkeit der Lebensmittelindustrie dürften an diesem Trend nichts ändern. Viele im öffentlichen Sektor beschäftigte wissenschaftliche Sachverständige arbeiten daher im unterschiedlichen Maße an Projekten mit finanzieller Förderung oder Beteiligung der Industrie.
Zur Absicherung gegen Risiken bei öffentlich-privaten Partnerschaften hat die EFSA — wie andere Gesundheits- und Umweltschutzbehörden auch — Regeln und Verfahren eingeführt, um mögliche finanzielle oder geistige Interessenkonflikte aufgrund der Tätigkeit in der Industrie oder in solchen Gremien wie Nichtregierungsorganisationen (NRO) zu erkennen und ihnen vorzubeugen. Alljährlich bewerten die Mitarbeiter der EFSA mehr als 5 000 Erklärungen zu etwaigen Interessenkonflikten (sog. „Interessenerklärungen“) von Sachverständigen und entscheiden sich erforderlichenfalls dafür, einige von ihnen ganz oder teilweise von der Tätigkeit für die EFSA auszuschließen. Alle diese Interessenerklärungen sowie alle damit verbundenen Entscheidungen veröffentlicht die EFSA auf ihrer Website.
Im Jahr 2011 erfolgt die zweite Fünfjahresbewertung der EFSA, deren Augenmerk insbesondere auf die Art und Weise gelegt werden wird, mit der die Prinzipien der Unabhängigkeit, der wissenschaftlichen Exzellenz und der Transparenz angewendet werden. Dabei wird sich auch die Gelegenheit zu einer umfassenden Diskussion dieser Themen ergeben, und das zu einer Zeit, da die Arbeitsbelastung steigt, besonders bei der Bewertung von regulierten Substanzen, Produkten oder Angaben. Wie gewohnt liefert die EFSA weiterhin die besten unabhängigen Empfehlungen zu Risiken, die mit der Lebensmittelkette zusammenhängen, um damit den politischen Entscheidungsträgern in Europa bei ihren zeitnahen Entscheidungen behilflich zu sein. Die EFSA ist den Tausenden Wissenschaftlern, Forschern und Akademikern dankbar, die ihre Zeit und ihr Fachwissen zur Verfügung stellen, um zu garantieren, dass lebensmittelbezogene Risiken so gering wie möglich gehalten werden und Lebensmittel weiterhin mit Genuss und Gesundheit für alle verbunden bleiben.