Eine derart harsche Kritik ist für das Bundesverfassungsgericht gewiss selten: Professor Dr. Winfried Kluth, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und Mitglied des Landesverfassungsgerichts von Sachsen-Anhalt, kommt in einer fundierten rechtswissenschaftlichen Untersuchung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 24.11.2010 über die Verfassungsmäßigkeit des „Gentechnikneuordnungsgesetzes“ der rot-grünen Koalition aus dem Jahre 2004 zu einem für das Bundesverfassungsgericht höchst peinlichen Ergebnis:
„Die Zulassung von Freiheitsbeschränkungen“, so der Hallenser Verfassungsrechtler ,,ohne jede empirische und fachwissenschaftliche Grundlage ist nichts anderes als ein Deckmantel für schlecht kaschierte Willkür, die vor einer gesellschaftlichen Mehrheitsmeinung kapituliert.“ Und weiter: „Wo Fundamente fehlen, kann der Hausbau nicht tragfähig sein.“ Kluth weist im Einzelnen nach, dass sich das höchste deutsche Verfassungsgericht bei seiner Entscheidung vom 24.11.2010 über den eindeutigen Stand der Naturwissenschaften einschließlich aller empirischen Erkenntnisse, die weltweit in anderthalb Jahrzehnten mit der grünen Gentechnik gesammelt worden sind, hinwegsetzt und gelangt u.a. zu folgendem Ergebnis: „Das Gericht verkennt und ignoriert mit seiner Vorgehensweise den wissenschaftlichen Meinungsstand und verletzt das rechtsstaatliche Verteilungsprinzip, das für freiheitsbeschränkende Regelungen eine tragfähige sachliche Begründung verlangt.“
Das komplette Rechtsgutachten wurde am Montag, dem 26.03.2012, vom Vorsitzenden des FORUMs GRÜNE VERNUNFT, Dr. Uwe Schrader, gemeinsam mit Professor Kluth in Berlin der Presse vorgelegt und erläutert. Schrader wies darauf hin, dass das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu einem gesellschaftlichen Klima beigetragen hat, das Unternehmen zur Abwanderung aus Deutschland zwingt und forderte den Bundesgesetzgeber auf, das Gentechnikgesetz umgehend so zu novellieren, dass Wissenschaft, Landwirtschaft und Wirtschaft nicht weiter behindert werden.
Minister a.D. Dr. Horst Rehberger nannte in diesem Zusammenhang drei „Knackpunkte“ zur Herstellung eines verfassungskonformen Gentechnikgesetzes:
- Streichung der völlig überzogenen Haftungsregelungen (§ 36 a GenTG)
- Umwandlung des Feldzerstörern „als Navigator“ dienenden öffentlichen Standortregisters in eine Schutzregelung zugunsten der landwirtschaftlichen Nachbarbetriebe (§ 16 a GenTG)
- Korrektur der weit überhöhten Anforderungen an die gute fachliche Praxis und die Eignung der Person und der betrieblichen Ausstattung (§ 16 b GenTG).